Pinguine
Die Pinguine (Spheniscidae) sind eine Gruppe flugunfähiger Seevögel der Südhalbkugel und bilden die einzige Familie in der Ordnung Sphenisciformes. Ihre stammesgeschichtliche Schwestergruppe bilden wahrscheinlich die Seetaucher (Gaviiformes) und Röhrennasen (Procellariiformes). Pinguine sind leicht von allen anderen Vögeln zu unterscheiden und in herausragender Weise an das Leben im Meer und in den teilweise extremen Kältezonen der Erde angepasst.

Größe und Gewicht
Der Zwergpinguin (Eudyptula minor) erreicht lediglich eine Größe von 30 Zentimetern und ein Gewicht von einem bis eineinhalb Kilogramm, dagegen gehört der Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri) mit einer Größe von bis zu 1,20 Metern und einem Gewicht von bis zu 40 Kilogramm zu den größten Neukiefervögeln überhaupt. Dieser Größenunterschied wird durch die Bergmannsche Regel erklärt, für welche die Pinguine ein häufig angeführtes Beispiel sind. Die Bergmannsche Regel besagt, dass Tiere in kälteren Regionen größer sind, da dies zu einem günstigerem Verhältnis von Volumen zu Oberfläche des Tieres und damit zu weniger Wärmeverlust führt. Die meisten Arten sind nur um weniges leichter als das von ihnen verdrängte Wasser, so dass ihnen das Tauchen vergleichsweise leicht fällt.
Körperbau
Der stämmig wirkende Körper der Tiere ist durch seine Stromlinienform und die zu schmalen, aber kräftigen Flossen umgestalteten Flügel deutlich an ein Leben im Meer angepasst.
Anders als die ebenfalls flugunfähigen Laufvögel besitzen Pinguine ein Brustbein mit stark ausgebildetem Kiel, an dem die kräftige Flugmuskulatur ansetzt. Da anders als beim Fliegen in Luft beim Schwimmen unter Wasser wegen des höheren Wasserwiderstands der Flügelaufschwung genauso viel Energie kostet wie der Flügelabschwung, haben die Schulterblätter eine im Vergleich zu anderen Vögeln vergrößerte Oberfläche, an der die für den Aufschwung verantwortliche Muskulatur ansetzen kann. Ober- und Unterarmknochen sind am Ellbogen geradlinig und steif miteinander verbunden, was den Flossen eine große Festigkeit verleiht. Die bei Vögeln sonst hohlen Knochen sind bei Pinguinen dicht und schwer, da eine Gewichtsreduktion zum Schwimmen nicht notwendig ist.
Die Oberschenkel sind sehr kurz, das Kniegelenk starr und die Beine stark nach hinten versetzt, wodurch an Land der ungewöhnliche aufrechte Gang hervorgerufen wird. Die mit Schwimmhäuten versehenen großen Füße sind relativ kurz - an Land ruhen die Tiere häufig auf ihren Fersen, wobei ihre vergleichsweise starren Schwanzfedern eine zusätzliche Stütze bilden. Der Schwanz ist meist stark reduziert, seine bei anderen tauchenden Seevögeln wesentlich ausgeprägtere Funktion als Ruder wird in erster Linie von den Beinen übernommen.
Der Schnabel ist bei den meisten Arten nicht sehr lang, dafür aber kräftig; eine Ausnahme bilden die Großpinguine (Aptenodytes), deren Schnabel wahrscheinlich in Anpassung an ihre Beutetiere – schnell schwimmende Fische – lang, schlank und leicht nach unten gekrümmt ist.
Wärmeregulation
Pinguine sind in ihrem Lebensraum zum Teil extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt und haben sich daran durch verschiedene anatomische Merkmale angepasst.
Zur Wärmeisolation dient zunächst eine ausgeprägte, oft zwei bis drei Zentimeter dicke Fettschicht, über der sich drei wasserdichte Schichten kurzer, dicht gepackter und gleichmäßig über den ganzen Körper verteilter Federn befinden. Apterien, Hautregionen, in denen keine Federn wachsen, gibt es bei Pinguinen im Gegensatz zu fast allen anderen Vögeln nicht; eine Ausnahme bildet bei manchen tropischen Arten die Gesichtshaut. Die in den Federschichten eingeschlossene Luft schützt im Wasser ebenfalls sehr effektiv vor Wärmeverlusten.
Daneben besitzen Pinguine hoch entwickelte „Wärmetauscher“ in ihren Flossen und Beinen: Das in diese Gliedmaßen einströmende arterielle Blut gibt seine Wärme zu einem großen Teil an das kühlere in den Körper zurückströmende venöse Blut ab, so dass Wärmeverluste minimiert werden. Dies wird als „Gegenstromprinzip“ bezeichnet.
Auf der anderen Seite kämpfen einige in tropischen Gewässern beheimatete Pinguinarten eher mit Überhitzung. Um dies zu verhindern, sind ihre Flossen im Vergleich zur Körpergröße verbreitert, so dass die Fläche, über die Wärme abgegeben werden kann, erweitert ist. Bei einigen Arten ist zudem die Gesichtshaut nicht von Federn bedeckt, so dass aufgestaute Wärme im aktiv aufgesuchten Schatten schneller abgegeben werden kann.
Gefieder
Die Farbe des aus zahlreichen kleinen, undifferenzierten, fast haarähnlichen Federn bestehenden Gefieders ist bei fast allen Arten rückseitig ein ins Schwarze spielendes Blaugrau, bauchseitig dagegen weiß. Männchen und Weibchen sehen sich sehr ähnlich, obwohl erstere meist etwas größer sind. Ein besonders auffälliger orangegelber Kopfschmuck zeichnet die meisten Schopfpinguine (Eudyptes) aus.
Bei Jungtieren ist das Gefieder meistens einheitlich grau oder braun, bei manchen Arten sind die Flanken und die Bauchseite allerdings weiß gefärbt.
Zumeist kurz nach dem Ende der Brutsaison, nach der Aufzucht der Jungen, kommt es bei Pinguinen zur Mauser, dem Austausch des Federkleids. Während dieser Zeit, die je nach Art zwischen zwei und sechs Wochen dauern kann, verbrauchen die Vögel ihre Fettreserven etwa doppelt so schnell wie zuvor. Bei Eselspinguinen (Pygoscelis papua) und Galápagos-Pinguinen (Spheniscus mendiculus) ist die Zeit der Mauser dagegen nicht festgelegt und kann zu jedem Zeitpunkt zwischen den Brutzeiten erfolgen. Nicht-brütende Vögel mausern fast immer früher als ihre brütenden Artgenossen.
Sicht und Gehör
Die Augen der Pinguine sind auf scharfe Unterwassersicht ausgerichtet; ihre Hornhaut ist extrem flach, so dass die Vögel an Land leicht kurzsichtig sind. Besonders bei den tief tauchenden Kaiserpinguinen sind die Pupillen des Auges zudem extrem dehnungs- und kontraktionsfähig, so dass sich die Augen sehr schnell auf unterschiedliche Lichtverhältnisse wie sie an der Wasseroberfläche bzw. in 100 Metern Tiefe herrschen, einstellen können. Aus der Pigmentzusammensetzung schließt man, dass Pinguine besser im blauen als im roten Bereich des Spektrums sehen können und eventuell sogar ultraviolettes Licht wahrnehmen. Da rotes Licht schon in den obersten Wasserschichten ausgefiltert wird, lässt dies eine evolutionäre Anpassung vermuten.
Die Ohren besitzen wie bei den meisten Vögeln keine äußerlich wahrnehmbaren Strukturen. Sie werden durch besonders kräftige Federn beim Tauchen wasserdicht verschlossen. Bei Großpinguinen ist darüber hinaus der Rand des Außenohrs so vergrößert, dass dieses geschlossen werden kann, so dass Mittel- und Innenohr vor tauchbedingten Druckschäden geschützt sind.
Unter Wasser geben Pinguine - anders als an Land, wo sie durch trompetenhafte Rufe und lautes Schnarren miteinander kommunizieren - keine auffälligen Laute von sich. Ob sie ihr Gehör umgekehrt zum Aufspüren von Beute bzw. zur Wahrnehmung von Fressfeinden nutzen, ist unbekannt.
Verbreitung
Pinguine leben in den offenen Meeren der südlichen Hemisphäre. Dort finden sie sich insbesondere in den Küstengewässern der Antarktis, in Neuseeland, dem südlichen Australien, Südafrika, auf den vor Südamerika gelegenen Falklandinseln und an der Westküste hinauf bis nach Peru sowie auf den äquatornah gelegenen Galápagos-Inseln. Als kälteliebende Vögel treten sie in tropischen Gebieten nur dann auf, wenn Kaltwasserströmungen existieren; dies ist etwa an der Westküste Südamerikas mit dem Humboldt-Strom oder um Südafrika mit dem Benguela-Strom an der Kap-Halbinsel der Fall.
Die meisten Arten leben etwa zwischen dem 45. und dem 60. Breitengrad südlicher Breite; die größte Individuenzahl findet sich um die Antarktis und auf nahegelegenen Inseln. Auf der Nordhalbkugel leben mit Ausnahme von Zootieren keine Pinguine.
Lebensraum
Der eigentliche Lebensraum der Pinguine ist das offene Meer, an das sie anatomisch hervorragend angepasst sind. Lediglich zum Brüten kehren sie an Land zurück; dort leben sie an den felsigen Küsten der südlichen Kontinente, in kühlen Wäldern der gemäßigten Zonen, an subtropischen Sandstränden, auf weitgehend vegetationslosen Lavafeldern, subantarktischem Grasland oder sogar auf dem Eis der Antarktis. Während die tropischen Arten standorttreu sind, entfernen sich andere im Winter teilweise mehrere hundert Kilometer vom Ozean, um zu ihren Brutgebieten zu gelangen.
